Tag 037, Poltsamaa, Estland

Musste nochmal zum Shoppingcentre. Meine Umhängetasche löst sich langsam auf und ich benötige dicke Nadeln und das entsprechendes Garn, um Leder zu nähen. Wurde fündig.Die Näherin war die 1. Person hier in Estland, die kein Englisch konnte. Und als sie mir den Preis von 3,70€ zeigte, ich ihr 5€ gab, nahm sie den Taschenrechner…..Tschuldigung, klingt überheblich.
Dann noch ’ne schnelle Autowäsche und los gings. Warum ich diesen € investierte, ist mir ein Rätsel.Da biege ich aus Neugier an einem braunen Hinweisschild rechts ab, um mein Auto auf einem Waldweg wieder zu verdrecken. Gefunden habe ich nichts.
Poltsamaa hat nicht einmal 5000 Einwohner. Normalerweise wäre ich hier nie gelandet, aber Strecke und Zeitplan erfordern es. Aber: Der Ort ist der einzige in Estland mit einem Königsschloss. Denn die meisten Könige des Landes waren keine Esten.
Königsschloss, na ja, das, was davon übrig ist. 1941 abgebrannt, steht noch die Ruine. Die Kirche daneben war 1952 wieder aufgebaut, Christen gibt es schließlich viele. Aber in Ermangelung eines Monarchen in der Sowjetunion passierte mit dem Schloss nichts.

Mein wieder verdrecktes Auto vor der Unterkunft

Fand einen Friedhof, der etwas anders aussieht:

Entweder Buddelkastensand
oder Kieselsteine als Graboberfläche

Obwohl viele Namen deutsch wirken, fand ich keine dt. Gräber.
Ein Gedicht in Reimen
Unfalltod?

Die Schlossanlage wird von einem Graben und einer sehr hohen Mauer umgeben. Und, welch‘ Überraschung, an einem Montag hatte das Museum auf!


Luftaufnahme der Anlage
Karte mit dt. Schrift von 1903. “ Angenehme Feiertage. Mit gutem Gruß….“

Im Museum erfuhr ich aber was geradezu Welthistorisches: Hier, in diesem , sorry, Kaff wurde 1962 zum 1. Mal auf der Welt Weltraumnahrung in Tuben hergestellt! In einer Konservenfabrik. (Die Dame im Museum konnte gut Deutsch, hat es in der Schule gelernt. Steht auch auf einem Flyer.) Wikipedia weiß nichts davon.
Stadtimpressionen:


Ca. 75% der Stadt wurde im Krieg zerstört,….
Mein Übersetzer bot mir was mit „Straße nach Sibirien und gequetscht“ an. Erinnert an Deportationen nach Sibirien.

Ich weiß, dass die meißten Menschen unschuldig waren. Aber mich würde mal interessieren, wie weit man mit der Aufarbeitung der Geschichte der Kollaboration von Balten mit den Nazis in den 3 Ländern gekommen ist. Denn unter den Deportierten waren auch Verbrecher. In Tallinn bei der Veranstaltung hat man auch voll die Opferrolle gespielt. Die bösen Sowjets. Differenzierung fällt immer schwer. Beispiel für Berlin: Die Neue Wache Unter den Linden. Dort wird auch der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Soweit, so gut. Aber wird damit auch ein Roland Freisler geehrt, auch Martin Bormann und, und, und….
Deutscher gehts kaum mit dem Namen
Maja heißt übrigens Haus.
Und da ärgere ich mich über mein schmutziges Auto!

Noch ’ne Anmerkung: Habt ihr in Deutschland gar kein schlechtes Gewissen? Klimawandel? Morgen 22 Grad? ES IST MÄRZ !!! Hier ist die Welt noch in Ordnung mit 6 Grad heute. Und kein Regen!